Per Trampexpress zum Enno

Eben noch über den Wolken der Pyrenäen und schon unter den Wolken des Werra-Meißner-Landes. Nach sonnigen Fahrtentagen im Kartharerland galt es zumindest noch einige Tage an der Vollendung des Ennos mitzuwirken. Für die Anfahrt bis nach Carcassone hatten wir vor zwei Wochen flotte 1,5 Tage benötigt. Da die Rückfahrt mitten im bergigen Département Aude begann, rechneten wir großzügig einen weiteren Tramptag für unsere Anfahrt zur Ludwigstein hinzu, um spätestens Dienstag mit anpacken zu können.

Gerade vom mythenhaften und esoterikbeladenen Pech de Burgarach abgestiegen, streckten wir ab 12:00 Uhr unsere Daumen in die Höhe. Nach nur wenigen Minuten hielt ein Pärchen, das uns zwar noch weiter südlich aber zumindest direkt an eine große Straße in Richtung Perpignan und Autobahn bringen wollte. Schon bald schlengelten wir uns durch die Schluchten von Galamus und in Saint Paul de Fenouillet angekommen, überlegten wir gemeinsam ob sich ggf. auch eine Weiterfahrt lohnen könnte, da sie zwar nicht nach Perpignan aber zumindest doch ans Meer fahren würden. Wir entschieden uns für die Weiterfahrt an die Küste Katalaniens. Nach einem gemeinsamen Mahl an einem bezaubernden Stausee und abertausenden Kurven erreichten wir eine riesige Raststätte nahe der französisch-spanischen Grenze. Ehe wir zwecks Richtungswechsel, schließlich wollten wir nicht nach Barcelona, die Autobahn wechseln konnten, fragte uns ein Trampkollege ob wir nicht zufällig eine D-Saite für ihn hätten. Da uns eh schon eine e-Saite an unserer Klampfe fehlte, konnten wir uns ganz unbeschwert von einer weiteren Saite trennen.

Auf der richtigen Seite angelangt, entschieden wir uns aufgrund der Unübersichtlichkeit für die Daumen-Hoch-Methode, statt vereinzelte Fahrer anzusprechen. Entgegen sonstiger Erfahrungen, funktionierte dies hier auch erstaunlich gut. Nach abermals nur wenigen Minuten fuhren wir mit einem jungen Kabarettisten bis kurz vor Narbonne. Hier schien uns erstmals das Glück zu verlassen und etliche Autos ließen uns gefühlte Stunden im sandigen Sturm stehen. Erst als ein tschechischer Brummifahrer vorschnell zusagte, nach Kenntnis von zwei mitzunehmenden Personen abwinkte, um dann aber doch in der Auffahrt zur Autobahn mit Warnblink stehenzubleiben und uns per Pfiff zu sich rief, kehrte das Glück zurück. Mit Tempo 90 erreichten wir gut umsorgt in 5 Stunden fast unser unmöglich geglaubtes Tagesziel Lyon. Bevor wir uns aber auf der Raststätte nahe Valence in die Schlafsäcke verabschiedeten, wollten wir zumindest noch eine Stunde unser Glück versuchen. So lange sollte es auch dauern, bis wir Franzi und Micha fanden, die mit dem Auto der französischen Oma ihrer Freundin unterwegs nach Hannover waren. Der Kofferraum war zwar gut gefüllt und die Rückbank von zwei ausgewachsenen Hunden besetzt, aber einige Kilometer sollte es wohl gehen. Also das Gepäck verstaut, ein Hund nach vorne vor dem Beifahrersitz, der zweite halb zwischen, halb auf uns beiden, dazwischen die viersaitige Gitarre, fuhren wir in den nächsten Tag hinein. Aus den wenigen Kilometern wurde ein Fahrt von etwa 12 Stunden, lediglich unterbrochen von kurzen Pausen zum Durchmischen von Hunden und Fahrern. Entsprechend gerädert aber gut gelaunt standen wir am nächsten Morgen an der Ausfahrt nahe Witzenhausen. Nur noch wenige Kilometer trennten uns von der Burg. Laufen oder Trampen? Nach einer Viertelstunde saßen wir im Auto eines Eschweger Ehepaares und 20 Minuten vor 12 Uhr standen wir am Fuße des Burgberges. Wie klein schien uns der Berg nach den Wochen in den französischen Pyrenäen. Mit schnellen Schritten standen wir oben und spätestens mit dem Anblick der Burg, des gewachsenen Ennos und ersten freudigen Begrüßungen merkten wir, daß auch die Besteigung kleiner Berge große Freude bringen kann.

Vor Ort galt es erstmal die Spuren der vergangenen Bautage zu beseitigen, so daß wir Montag in aller Frühe unbeschwert die vielen, kleinen Baustellen angehen können. Im Dorf Montsegúr lasen wir von vielen Fahrtengruppen, welche es nach Frankreich, Spanien, Portugal, Marokko oder sogar nach Montenegro (was ja kaum auf der Strecke gelegen haben kann) trieb, einen Abstecher zur Montsegúr machten. Noch haben Fahrtengruppen und einzelne Reisende Zeit ihre Reise abzukürzen und mit einem tatkräftigen Besuch auf dem Enno-Narten-Bau abzurunden. Werkzeuge und Steine sind genügend vorhanden, das Mitbringen von Steinen (Burgruinen, Gipfeln, Gebirgsbächen, Felswänden etc. pp) ist also keine Notwendigkeit. Aber eine schnelle* Anfahrt schenkt euch Fahrten- oder dem Enno Arbeitszeit. (Unsere kleine Anfahrtsstatistik: Die zahlreichen Umwege geschenkt: 1400 Kilometer in 24 Stunden, das macht eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 58,3 km/h. *2 ausgelöste Blitzer macht ein Foto auf je 700 km, also nur nicht zu schnell fahren (lassen)) Kurz gefaßt: Daumen hoch = Daumen hoch!

jule & bjo:rn

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